Montag, Oktober 09, 2006

Panik in 30 Meter Tiefe - AOWD 3+4

Gestern waren wir in Hemmoor am Kreidesee zum Tauchen.

Erster Tauchgang
Da wir einen Tieftauchgang gemacht haben und das Ding einfach schweinekalt ist, im Trockenanzug. Diese haben wir Samstag schon mal in der Ostsee gestestet, dank eines Klettbandes am Hals lief mir da nicht so viel Wasser durch die zu weite Halsmanschette - leider war das Klettband unauffindbar, so dass ich gestern ziemlich nass geworden bin. *brrr*

Tja, Anziehen, 2kg weniger Gewicht als am Tag zuvor, da Süßwasser bekanntlich schlechter trägt als Salzwasser, dafür aber je 500g Blei an den Füßen, damit diese nicht so viel Auftrieb haben. An der Oberfläche war noch alles gut, der Abstieg war gelinde gesagt rasant. 30 Meter in die Tiefe an einem Seil hinab - ich hab mich weder in die Waagerechte bugsieren können noch mit dem Anzug tarieren, da die Luft wirklich sofort am Hals wieder austrat und das Wasser rein wollte. Kalt.

Unten angekommen saßen wir im Kreis, mein Körper fühlte sich an, wie in einen Eisblock eingefroren. Die Hände und Lippen waren nicht mehr zu gebrauchen, alles einfach nur kalt. Mein Gehirn funktionierte immerhin noch etwas, die lustige Übung "schreibe Deinen Namen rückwärts" habe ich hinbekommen, mein Luftverbrauch war in diesem knappen zehn Minuten, die wir dort unten saßen, sehr gering (für die Tiefe, hab 40 bar in acht Minuten verbraucht, manch anderer 70 bar in fünf Minuten).

Dann ging es in den Rüttler, zunächst in eine der Luftblasen, die sich dort halten. Und da begann dann mein persönliches Drama. Schon auf dem Weg in den Rüttler stellte ich fest, wie viel Blei ich dabei habe. Im Rüttler dann versucht, mithilfe des Jackets genug Auftrieb zu bekommen, um an der Oberfläche zu schwimmen - keine Chance. Ich war mir sicher, das Jacket weitestmöglich aufgeblasen zu haben, blieb aber doch nicht oben. Dass auch andere das Problem hatten und daher immer mal wieder eine Halt suchende Hand einen anderen runterdrückte, war auch nicht prima. Ich also nach hinten, wo Divemaster Björn als Backup war, hab ihn aber leider im Schummerlicht mit Maske etc. nicht gut erkannt. An der Wand festgehalten und gemerkt, dass ich heftig hyperventiliere. Der Gedanke, dass ich 30m Wasser über dem Kopf habe und diese nicht mal eben so auftauchen kann, machte alles nicht unbedingt besser.

Björn bekam sehr schnell mit, dass etwas nicht stimmt und fragte nach, ich konnte vor lauter Hyperventilation nicht sprechen, habe mich dann aber so weit beruhigt, dass ich ihm sagen konnte, dass ich mich nicht oben halten kann. Er hat mich beruhigt, nachgefragt, und meine Luft kontrolliert. hier hab ich in zwei bis drei Minuten plötzlich 50 bar weggelutscht. Als es einigermaßen wieder ging, langsam hoch zur Oberkannte des Rüttlers, die Enten angeguckt, die dort auf dem Geländer sitzen (eine Plastikente, ein Quietscheentchen), den LKW betrachtet (inklusive Fahrer) und dann langsam hoch. Der Aufstieg war anstrengend, weil ich nach wie vor gegen das Blei ankämpfen musste, aber es ging. Als ich noch 20bar hatte, hab ich auf seinen Octopus gewechselt, wir sind dann mit Sicherheitsstopp nach oben, hier reichte meine Luft dann auch wieder, um das Jacket zu füllen und mich oben zu halten.

Fazit des ersten Tauchgangs:
Eine Stickstoffnarkose bemerkt man eigentlich erst hinterher. Ich war mir sicher, noch logisch zu denken, aber wohl doch recht verlangsamt, denn sonst hätte ich bedacht, dass ich dort unten viermal so viel Luft brauche, um das Jacket zu füllen, das Ventil also auch viermal so lange drücken muss wie an der Oberfläche. Dann hätte es vermutlich geklappt und ich wäre wesentlich entspannter durch den Tauchgang gegangen.
Dafür weiß ich jetzt, dass es einen heftigen Unterschied macht, ob man in der Karibik auf 30m runter geht oder in einem kalten norddeutschen Kreidesee. Und ich weiß, dass ich Grenzen habe. Die ich nun, nachdem ich sie erreicht habe, besser einschätzen kann, so dass ich beim nächsten Mal hoffentlich nicht so schnell in Panik verfalle.

Zweiter Tauchgang
Den zweiten Tauchgang haben wir von Einstieg 1 aus gemacht. Hier geht man einfach gemütlich mit seinem Equipment die Straße hinab ins Wasser, bis es tief genug zum Abtauchen ist. Ich hatte drei Kilo weniger Blei (je eins aus den Taschen raus und das Fußblei weggelassen), war am Anfang noch immer schlecht zu tarieren, ging dann aber. Dass mein Schlauch von Anzug erstmal ab war und ich gar nicht mehr damit tarieren konne, wurde zum Glück schnell behoben, aber die Luft schoss eh raus, also hab ich es kaum noch damit versucht.

Wir sind bis zu einer Stahlplattform, haben dort noch mal die Rolle geübt, mit der man sich wieder austariert, wenn zu viel Luft in den Füßen ist, sind dann zum Segelboot und weiter an der Steilküste. Geiles Gefühl, wenn es plötzlich unter einem quasi ins Bodenlose geht - die Wand fällt hier fast 60m ab. An der Steilküste entlang, dann langsam durch den gefluteten Wald zurück. Sehr bizarr, zwischen kahlen Ästen hindurchzutauchen. Hier begann meine Tarierung, besser zu werden. Zurück zur Straße, ein paar von uns haben dann noch eine Extrarunde gedreht, am Förderband vorbei und dann zu Einstieg 0.

Unterwegs begegneten uns Regenbogenforellen, kleine gestreifte Fische und welche mit orangen Flossenspitzen, leider war keiner von uns in der Lage, diese näher zu bestimmen. Aber hübsch waren sie! ;-)

EDIT: Die Seite des Sees behauptet, die gestreiften seien Zander und die anderen entweder Rotfedern oder Flussbarsche - leider weiß ich nicht mehr, ob sie auch Streifen hatten oder nur orange Flossen.

Fazit Tauchgang 2
Maximale Tiefe: 15m. ehr viel angenehmer, guter Luftverbrauch, bessere Tarierung. Und viel wärmer, obwohl ich diesmal deutlich nasser geworden bin.

Alles in allem ein toller Tag, den ich mit passendem Equipment bei Gelegenheit gerne wiederhole. Nicht gerade bei Eis und Schnee, aber vielleicht doch noch dieses Jahr. Mal sehen.

Zum Stöbern, See samt Skizze betrachten etc: Kreideseetaucher

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Hey, ähnlich war auch mein erster TG am Rüttler!
Schön zu wissen, dass es anderen ähnlich geht. Diese Luftblase fand ich widerlich, denn ich wußte vorher nicht, dass es sie gibt. Außerdem hat mir da drin jemand voll mit seiner dämlichen Taucherfunzel angestrahlt und mich auch noch geblendet. Mein beschissenster TG!
Meld Dich mal, wenn Du Lust hast! Ich tauche auch in Deiner Ecke: Surendorf, Mönke, Eckernförde...
Gruß!

Peter
und: Ne Brille hab ich auch schon gesucht und nicht gefunden!

Gunnar hat gesagt…

Hi Chaosqueen, interessanter Bericht. Ich schau ab und an deine Tauch-Blogeinträge durch. Wir diskutieren gerade über die Menge Luft, die man in 30m für Jacket braucht. Vielleicht hast Du ja Interesse: http://gratis-wiki.com/tauchplaetze/index.php?title=Jacket_Auftrieb

Gruß Gunnar