Donnerstag, Februar 03, 2011

Rezension Reckless von Cornelia Funke

Neulich bekam ich von einer Bekannten den Tipp, Reckless zu lesen. Da ich die Bücher von Cornelia Funke liebe und meine Bekannte und ich einen sehr ähnlichen Lese-Geschmack haben, hab ich es bei der nächsten Gelegenheit mitgenommen und umgehend verschlungen.

Reckless passt im Funke-Universum am ehesten zu den Tintenherz-Büchern. Es spielt in einer ähnlich magischen Welt, die für mein Empfinden aber noch düsterer ist.
Jacob und Will Reckless sind Brüder. Als der Vater spurlos verschwindet, verbietet die Mutter den Jungen, sein Arbeitszimmer zu betreten, aber der zwölfjährige Jacob setzt sich heimlich nachts über das Verbot hinweg. Eines Tages entschlüsselt er das Rätsel des alten, halb blinden Spiegels, der an der Wand hängt, und betritt die Welt hinter dem Spiegel.

Sorgsam hütet er sein Geheimnis und bleibt immer länger weg, bis eines Tages, zwölf Jahre später, sein Bruder ihm auf die Schliche kommt und ihm folgt. Bei einem Angriff wird Will verletzt, von einem Goyl, einem Wesen, das menschlich ist bis auf die steinerne Haut und den unlöschbaren Hass im Herzen. In Wills Haut wächst nach und nach der Stein, und Jacob beginnt einen Wettlauf mit der Zeit, um seinen Bruder zu retten.
Auch Wills Freundin Clara gerät hinter den Spiegel, und gemeinsam mit Fuchs, einer Gestaltwandlerin, beginnen sie ihren langen Weg. Dabei begegnen sie den Alptraumhaften Abbildern vieler Grimm'scher Märchen, die dem Dornröschenschloss mitsamt Skeletten in den Hecken und mumifizierter Prinzessin, sie verstecken sich vor etwas noch viel Schrecklicheren im verwaisten Häuschen einer Knusperhexe und müssen sich vor den Goyl und den Menschen verstecken, denn die einen wollen Will für sich, die anderen wollen ihn töten.

Die Welt entspricht in etwa unserer im späten 18. Jahrhundert, es gibt Eisenbahnen, aber noch keine Autos, hier uns da entstehen Fabriken, aber Mythen und Magie sind ebenso lebendig wie Technik und Fortschritt.
Es gibt Feen und Einhörner, einen Goldbaum, das Tischleindeckdich und den Knüppelausdemsack, Goldene Haare und ein Taschentuch, aus dem Goldtaler purzeln, und doch ist vieles zugleich bekannt und von Cornelia Funke doch in einen neuen, anderen und teils düsteren Zusammenhang gesetzt. Auch die Grenzen von Gut und Böse sind nicht so klar gezogen wie es oft in Kinder- und Jugendbüchern der Fall ist, es ist vielmehr so, dass beide Völker sich als alleinige Herrscher der Welt sehen wollen und sich gegenseitig auszurotten versuchen, ohne dass man als Leser sagen kann, wer denn nun im Recht ist.
Gerade dieser Aspekt hat mir sehr gut gefallen, denn auch wenn die Goyl grausam sind, sind die Menschen es hier nicht weniger, und weder der Steinerne König Kami'en noch die Kaiserin der Menschen sind eindimensional in ihrem Denken und Handeln. Ein Buch, das in einer anderen Welt spielt als der unseren und doch unsere so gut widerspiegelt.

Am Ende ist das Abenteuer bestanden und ein neues vorbereitet, und ich freue mich jetzt schon auf den zweiten Teil, der hoffentlich ähnlich spannend und vielschichtig sein wird. Es gibt noch so vieles zu tun und zu entdecken: Jacob ist noch immer nicht seinem Vater begegnet, er muss den Fluch der Fee, der sich am Ende gegen ihn wendet, abwenden, und viele, viele Märchenelemente warten noch auf ihren Auftritt.

Unbedingt lesenswert und sicher nichts für Kinder unter 10-12 Jahren, je nachdem, wie hartgesotten sie sind.