Mittwoch, März 15, 2006

Rezension Simulacra

Philip K. Dick gilt als Klassiker der SF-Literatur. Das ist er wohl auch, allerdings habe ich wohl in mancher Hinsicht einen anderen Anspruch an Literatur als Mr. Dick und seine Anhängerschaft - vielleicht habe ich einfach nicht verstanden, dass SF per definitionem immer toll ist und daher nicht auf sprachliche und logische einheit geachtet werden muss.

Zunächst fiel mir auf, dass es eine Einteilung der Menschen in zwei Kategorien gibt, Bes und Ges. Hier sagt mein Gehirn laut und deutlich "aha, kenne ich von Aldous Huxley!" - anscheinend war also die Klassenteilung eines der Grundthemen der SF, oder zumindest eines, das von unterschiedlichen Autoren als wahrscheinlich erachtet und somit auch aufgegriffen wurde.

Was mir nicht plausibel erschien, war die krasse "Verdummung" der Bes. Da ist seit 70 Jahren ein hübsche junge Frau an der Regierungsspitze, und keinem fällt auf, dass sie eigentlich längst vergreist sein müsste? Wohl kaum, wenn nicht gerade eine tiefgreifende psychische Manipulation vorgenommen wird, die allerdings keine Erwähnung findet.

Bleiben wir gleich mal bei der Dame, Nicole Thibodeaux. Auf der einen Seite heißt es, die Welt lebe in einem Matriarchat, auf der anderen Seite sieht der Leser, dass sie nur eine Marionette des Rates ist. Dafür wiederum hat sie erstaunliche Befugnisse, denn sie darf einstellen und entlassen und Entscheidungen treffen, ganz, wie es ihr gefällt. Das erscheint mir weit über die Kompetenzen einer Schauspielerin hinauszugehen.

Besonders schwer fiel es mir, die männlichen Figuren auseinanderzuhalten. Meistens tauchen sie als Zweiergruppen auf, aber irgendwie gibt es keine wesentlichen Unterscheidungsmerkmale. Schade, denn so nehme ich als Leser auch nicht teil an ihrem schicksal sondern bleibe distanzierter Beobachter.

Die titelgebenden Simulacra, künstliche Menschen, spielen eine erstaunlich geringe Rolle. Zwar werden sie den Auswanderern auf den Mars als neue Nachbarn mitgegeben (und werfen gleich eine neue Frage auf: Warum um alles in der Welt werden dort keine zusammeenhängenden Kolonien gegründet?), aber auf der Erde finden sie kaum Erwähnung. Dass dann wiederum der Präsident ein Simulacrum ist und ausgerechnet diese Nachricht die Welt erschüttert, kam mir zu überstürzt daher.

die Menschen nutzen ständig das Element der Zeitreise, um Prognosen anzustellen, im entscheidenden Moment versagt diese Methode aber natürlich. Überhaupt ist es doch sehr vereinfacht, zu sagen, ein Mensch, der ständig durch die Zeiten reist, sei unsterblich, da er ja einfach aus einer anderen Zeitebene wiederkommen könne, wenn er einmal tot ist - und dann wird er einfach erschossen? Seltsam unausgegoren, meine ich.

Überhaupt habe ich das Gefühl, Philip K. Dick hat eine Menge interessanter Ideen als Versatzstücke zusammengeschustert und das Ergebnis unkontrolliert auf seine Leser losgelassen. Die Figuren denken sich hochkomplizierte Methoden aus, um etwas zu erreichen, und sobald ihnen jemand sagt, er wisse, was los ist, knicken sie alle ein. Nicole gibt zu, eine Schauspielerin namens Kate zu sein, der Auftraggeber gibt sich Dr. Superb zu erkennen und Goltz lässt sich einfach so erschießen, weil er glaubte, dieser Fall sei sehr unwahrscheinlich. Vor allem der Rest des Rates benimmt sich statisch, kein entsetzen, kein Jammern, keine Panik - sie lassen sich einfach abschlachten wie die Opferlämmer. Sehr unwahrscheinlich.

Goltz: Auf der einen Seite ist er Regierungsmitglied, auf der anderen Seite Anfüherer einer Bewegung, die gegen die Regierung arbeitet. Hä?!

Dann ist da noch Kongrosian, der irgendwie skurril ist aber keinen tieferen Sinn zu haben scheint. Nett, aber sonst?

Fazit:
Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Roman Anfang der 60er Jahre geschrieben wurde, ist er schwach. Es fehlt ihm an stringenten Figuren, logischer Handlung und einer Aussage.

Angaben zu ISBN etc. folgen.

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